Sie leben in Erdröhren, die bis zu 30 cm tief sein können und kleiden diese Röhren mit Spinnenseide aus, in die winzige Steinchen und Pflanzenteile eingewoben werden – sie tapezieren quasi ihre Wohnung damit. Das hat ihnen den Trivialnamen „Tapezierspinnen“ eingetragen. Einmal mehr können wir über seltene Achtbeiner berichten.
Foto: Charakteristisch für Tapezierspinnen sind die gewaltigen, parallel nach vorn gerichteten Kieferklauen (Chelizeren)
Die Tapezierspinnen (Atypidae) gehören zu den Vogelspinnenartigen und sind mit nur drei Arten der Gattung Atypus bei uns vertreten, während weltweit 54 Arten in drei Gattungen beschrieben sind.
Alle drei einheimischen Arten haben sehr ähnliche Lebensweisen und bevorzugen ähnliche Lebensräume. Ebenfalls allen gemeinsam ist der Rote-Liste-Status 2 für Niedersachsen, das bedeutet, sie sind stark gefährdet. Mindestens eine der drei Arten ist nun in einem Biotop der Natur- und Umwelthilfe Goslar gefunden worden. Kurzrasige, warme, nicht zu steinige Biotope wie z. B. Halbtrockenrasen sind prädestiniert für diese Gattung.
Die beschriebene „Tapete“ wird vom Weibchen außerhalb der Erdröhre zu einem sogenannten, etwa fingerdicken „Fangschlauch“ von bis zu 10 cm Länge erweitert. Dort sitzt das Tier und wartet auf unvorsichtige Insekten, die über den Fangschlauch stolpern. Sie beißt dann sofort zu (durch den Schlauch), betäubt das Insekt und zieht es in die Röhre. Vor dem Verzehr der Beute repariert sie den Fangschlauch. Die von der Spinne für den Schlauch verwendete Seide ist übrigens antibakteriell und kann von Mikroorganismen nicht zersetzt werden. Das hat zur Folge, dass sie z. T. noch nach Jahrzehnten zu finden sind. Übrigens wussten das auch schon unsere Vorfahren; die Schläuche wurden ausgegraben und als heilungsfördernde Wundauflagen verwendet.
Foto: Der gut getarnte, etwa fingerlange und -dicke Fangschlauch der Tapezierspinnen ist im Gelände sehr schwer zu finden
Die Männchen streifen im Gelände umher und suchen die Fangschläuche. Haben sie einen gefunden, schlüpfen sie hinein und paaren sich mit dem Weibchen in der Erdröhre. Während die Männchen relativ kurzlebig sind, können die Weibchen zwischen 7 und 9 Jahre alt werden – für ein so kleines Lebewesen (etwa 10 mm) eine extrem lange Lebenserwartung
Der Fund bei Vienenburg kam im Übrigen nur zustande, weil in den ersten waren Frühlingstagen hunderte Jungspinnen die Wohnröhre verlassen und in der Umgebung die höchsten Grashalme, Zweige etc. aufsuchen. Von dort lassen sie sich vom Wind in neue Lebensräume tragen.
Beim Klettern zieht jede Jungspinne einen Sicherungsfaden hinter sich her, so dass ganz charakteristische, teils meterlange Gespinste entstehen. Die gut getarnten Fangschläuche allein zu finden ist so gut wie aussichtslos.
Zwei Arten kommen hier in Frage, deren Jungspinnen am Foto leider nicht zu unterscheiden sind. Für den Fang und die Bestimmung eines Alttieres müsste man den Schlauch öffnen bzw. ausgraben – die Gefahr ist viel zu groß, die Spinne dabei zu töten.
Foto: Das von vielen Jungspinnen erzeugte, charakteristische Startrampengespinst
Quelle und Fotos:
Gerwin Bärecke, Goslar
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